Der Verbund Mittelaltergermanistik Nord fördert den Austausch der Mitglieder durch Zusammenarbeit sowohl im Bereich der Forschung als auch der Lehre. Das beinhaltet die Planung und Durchführung gemeinsamer Lehrveranstaltungen und Exkursionen, Doktorandenkolloquien zur Vernetzung des Nachwuchses und die gemeinsame Arbeit an für die Mittelaltergermanistik im norddeutschen Raum als relevant empfundenen Themen, sowohl im Rahmen der Verbundtreffen als auch darüber hinaus.


Regionalität

Der heute als „Norddeutschland“ bezeichnete Raum umfasst im Mittelalter verschiedene kulturelle und literarische Zentren, deren Erforschung ein bisweilen unterschätztes Potential für Forschung und Lehre birgt. Um dieses zu nutzen, sollen die Besonderheiten mittelalterlicher Kulturzentren im heutigen „Norddeutschland“ und der ihnen entspringenden Literaturen erfragt und in der Auseinandersetzung mit regional beobachtbaren Phänomenen diskutiert werden. Ansatzpunkte sind das Vorherrschen der mittelniederdeutschen Dialekte bis zur Ablösung durch das Hochdeutsche in der Frühen Neuzeit, die sich in der Literatur niederschlagende Prägung durch urbane (statt höfische) Strukturen einerseits, durch die Präsenz monastischer Kultur und Kulturgüter andererseits sowie der Kulturkontakt, -konflikt und -transfer mit benachbarten Räumen wie bspw. dem angelsächsischen.

Die Treffen des Verbundes dienen dazu, gemeinsam über die Möglichkeiten der Thematisierung von und Beschäftigung mit „Norddeutschland“ als kulturellem mittelalterlichen Raum zu reflektieren und wiederum konkrete Projekte und Angebote für schulische wie universitäre Lehre anzustoßen.

Publikationen des Verbundes zum Thema Regionalität:

  • Von Widukind zur ‚Sassine‘. Prozesse der Konstruktion und Transformation regionaler Identität im norddeutschen Raum. Hrsg. von Martin Baisch, Malena Ratzke und Regina Toepfer. Köln 2023 (Forschungen zu Kunst, Geschichte und Literatur des Mittelalters 4)

Lehrbuch-Projekt Mittelniederdeutsch

Für das Mittelniederdeutsche liegt bisher keine Einführung für den universitären Unterricht vor. Diese Lücke möchten Jörn Bockmann, Sarah Ihden, Robert Langhanke und Anabel Recker schließen. Das erste Lehrbuch mit dem Titel „Mittelniederdeutsche Sprache und Literatur. Eine Einführung“ verknüpft literarhistorische Darstellung und sprachliche Beschreibung mit dem Ziel, eine umfassende und bewusste Lektürekompetenz zu fördern. Besonderheiten seiner Konzeption sind, dass Sprache und Literatur stets zusammengedacht werden, dass die Einführung an der Überlieferung orientiert ist und dass ausgewählte Texte mit kleineren Übungen in die Kapitel integriert sind.

Das Lehrbuch-Projekt bezeugt den Erfolg des Mittelaltergermanistik Nord-Verbunds: Linguist*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Niederdeutschphilolog*innen aus den Universtitäten Flensburg, Hamburg und Göttingen arbeiten hier gemeinsam an einem zentralen Desiderat für die germanistische Forschung und Lehre.

Erste Auskünfte zur Konzeption des Lehrbuchs gibt folgende Publikation:

  • Bockmann, Jörn/Ihden, Sarah/Langhanke, Robert/Recker, Anabel: Mittelniederdeutsche Sprache und Literatur. Eine Einführung. Zur Konzeption eines Lehrbuches. In: Niederdeutsches Korrespondenzblatt 128 (2021), S. 109–118. 

Die älteren Texte des Niederdeutschen sind oftmals unzureichend dokumentiert und schwer zugänglich. Auch an Lehrmaterialien besteht ein großer Bedarf. Dieser Lücke nimmt sich das Flensburger Projekt an. Die Projektarbeit wurde seit Februar 2022 von der Europa-Universität Flensburg für zwei Jahre gefördert und wird seit 2024 von der Hamburger Carl Toepfer-Stiftung unterstützt. Hauptziel des Projektes ist der Aufbau einer frei zugänglichen Online-Datenbank mittelniederdeutscher Handschriften und Drucke (13.–16. Jh.). Diese enthält basale Daten zu den Texten, Forschungsliteratur, Links zu Digitalisaten sowie sprach- und literaturdidaktische Materialien für die Lehre. Langfristig soll die Plattform die Gesamtüberlieferung mittelniederdeutscher Texte enthalten.

Vorgehen und Mitarbeit

Zunächst werden 25 exemplarische mittelniederdeutsche Texte unterschiedlicher Textsorten, Entstehungszeiten und Sprachräume dokumentiert, darunter sind ebenso klassische wie weniger bekannte mittelniederdeutsche Texte. Das Projektteam lädt alle Kolleginnen und Kollegen herzlich dazu ein, das RML über laufende Arbeiten an den bisher erfassten Texten für eine Erweiterung und Aktualisierung der Datensätze zu informieren. Auch eigene Beiträge zu niederdeutschen Texten in Form neuer Datensätze oder Hinweise auf Ergänzungen in den schon bestehenden Datensätzen sind willkommen. Die Projektseite bietet direkte Möglichkeiten der Kontaktaufnahme für weitere entsprechende Absprachen.

Texte

Die Quellen stammen aus verschiedenen Sprachräumen – vom Holsteinischen bis hin zu Gebieten außerhalb des deutschen Sprachraums, so sind zum Beispiel auch Texte aus dem Baltikum enthalten. Sie haben viele Funktionen und dienen Alltagszwecken, wollen Geschichten erzählen oder geistlich erbauen, präsentieren Lieder, zeichnen Dramen auf wie die Bordesholmer Marienklage oder setzen die Sterblichkeit der Menschen ins Bild.

Werfen Sie einen Blick in das Repertorium unter https://mittelniederdeutsch-repertorium.uni-flensburg.de

Projektteam: Jörn Bockmann (Flensburg), Sarah Ihden (Kiel), Robert Langhanke (Flensburg), Anabel Recker (Hamburg); Nele Trauer (Hilfskraft, Flensburg)

» Projektposter (PDF)

Publikationen im Rahmen des Projekts:

  1. Bockmann, Jörn / Ihden, Sarah / Langhanke, Robert / Recker, Anabel (2024): Das Repertorium der mittelniederdeutschen Literatur (RML). Aufbau und Zielsetzung. In: Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 131, 72–81.
  2. Bockmann, Jörn / Ihden, Sarah / Langhanke, Robert / Recker, Anabel (2024): Das Repertorium der mittelniederdeutschen Literatur. Zum Aufbau einer digitalen Lehr-, Lern- und Forschungsumgebung. In: Mittelniederdeutsch zwischen Korpuslinguistik und Literaturwissenschaft. Hg. von Marco Coniglio, Anabel Recker und Heike Sahm. Göttingen 2024.  S. 144–154. Open Access: https://univerlag.uni-goettingen.de/handle/3/isbn-978-3-86395-599-1

Mittelalter und Schule

Inwieweit die universitäre Lehre auch im Bereich der Mediävistik auf die konkrete Nutzbarmachung im Deutschunterricht einzugehen hat, ist eine im Fach häufig diskutierte Frage, der sich auch der Verbund stellen muss und möchte. Gerade im Rahmen der Schwerpunkte „Mittelniederdeutsch“ und „Regionalität“ bieten sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Ausrichtung der Inhalte auf die Bedürfnisse der Lehramtsstudierenden oder für die Kooperation mit Schulen.

Die Lehrpläne der norddeutschen Bundesländer beinhalten insbesondere für das Fach Deutsch nur punktuell dezidierte Vorgaben zu mediävistischen Lehrinhalten. Die Konzeption des kompetenzorientierten Unterrichts erlaubt es aber, die Fachanforderungen in vielen Bereichen anhand mediävistischer Lehrinhalte zu erfüllen. In den letzten Jahren sind zahlreiche Publikationen zur Mittelalter-Didaktik im Fach Deutsch erschienen sowie Internetportale mit Projektideen und Unterrichtsmaterialen entstanden, die von Lehrer*innen und Referendar*innen genutzt werden können, um mediävistische Lehrinhalte im schulischen Unterricht zu vermitteln (s. u. die Auswahlbibliographie). Der Verbund möchte auch die Lehrenden an den Hochschulen ermutigen, im Rahmen der universitären Lehre den angehenden Referendar*innen die Möglichkeiten einer schulischen Mittelalter-Didaktik aufzuzeigen.

» Auswahlbibliographie zu mittelalterlichen Texten und Themen im Deutschunterricht (PDF)


Lehrprojekte

„Vom Smartphone zum Buch. Starthilfe für das wissenschaftliche Arbeiten in der germanistischen Mediävistik“ (Lehrprojekt der Georg-August-Universität Göttingen)
» zum YouTube-Kanal

„Mittelalter-App für Braunschweig (MAppBS). LiteraToUr in der Stadt“ (Lehrprojekt der TU Braunschweig)
» Projektseite
» Download MAppBS Sprachgeschichte / MAppBS Literaturgeschichte / MAppBS Kulturgeschichte

Ganz nach oben springen